Flamenco, Frauen und Sevilla, 15 Jahre immaterielles Kulturerbe

Flamenco, Frauen und Sevilla, 15 Jahre immaterielles Kulturerbe
Vor genau 15 Jahren hat die UNESCO den Flamenco zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Sevilla – als eine der wichtigsten Wiegen dieser Kunst – lebt diese Tradition bis heute jeden Tag: auf den Straßen, in den Peñas, in den Stimmen der cantaoras und in der Kraft der bailaoras.
aFür mich als Stadtführerin ist der Flamenco nicht nur ein Thema, das ich erkläre – sondern eine Kunstform, die jahrelange Übung erfordert und der ich höchste Anerkennung entgegenbringe.
Der Flamenco ist weit mehr als Musik und Tanz. Er ist Ausdruck von Emotion, von Geschichte, von Schmerz und Freude. Seine Wurzeln reichen zurück in die kulturelle Vielfalt Andalusiens: arabische Einflüsse, jüdische Traditionen, Zigeunerkultur und das andalusische Volk selbst haben den Flamenco geformt. Diese Mischung macht ihn einzigartig – und universell.
Casa de Pilatos und Vogue – Eine Hommage zum Jubiläum
Die Casa de Pilatos, eines der architektonischen Juwelen Sevillas, war Schauplatz einer eindrucksvollen fotografischen Hommage: Anlässlich des 15. UNESCO-Jubiläums hat die Zeitschrift Vogue in ihrer Dezemberausgabe hier eine Serie mit Frauen aus der Welt des Flamenco produziert. Die Kombination aus kunsthistorischem Raum und lebendigem Flamenco erzeugte eine Atmosphäre, in der Tradition und Moderne miteinander verschmolzen.
Die Patio-Architektur, die Azulejos, die Lichtspiele der Renaissance-Elemente – all das bildete eine Bühne für kraftvolle weibliche Porträts. Die Fotografien betonen nicht nur Ästhetik, sondern auch Haltung: Flamenco als gelebte Identität.
Der heutige Flamenco wird besonders von Künstlerinnen geprägt, die internationale Aufmerksamkeit erlangen und mutige neue Wege zwischen Tradition und Avantgarde beschreiten. Zwei herausragende Frauen-Portraits, die auch im Kontext des Vogue-Sonderhefts eine wichtige Rolle spielen, möchte ich an dieser Stelle hervorheben:
Rocío Molina und María Marín.
Rocío Molina gilt als eine der innovativsten und kraftvollsten bailaoras unserer Zeit. Sie verbindet technische Brillanz mit einem unverwechselbaren, experimentellen Stil. Rocio Molina bricht bewusst traditionelle Regeln, um neue Ausdrucksformen zu schaffen. Ihre Performances sind körperlich, poetisch und oft überraschend minimalistisch – eine Einladung, Flamenco neu zu denken. Sie steht exemplarisch für eine Generation von Tänzerinnen, die den Flamenco auf internationale Bühnen bringen und ihn zugleich tief in seinen Wurzeln verankert lassen.
María Marín aus Utrera verkörpert die moderne Vielseitigkeit des Flamencos: Sie ist sowohl Gitarristin als auch Cantaora. Klassisch ausgebildet, verbindet sie ihre musikalische Präzision mit der Emotionalität des Flamencos. Ihre Projekte reichen von reinen Flamenco-Formaten bis hin zu Kollaborationen mit Jazz-Musikern und Orchestern. Maria Marín repräsentiert eine neue Generation junger Künstlerinnen, die nicht nur interpretieren, sondern komponieren, gestalten und ihren eigenen künstlerischen Weg definieren. Besonders bemerkenswert ist, wie selbstverständlich sie in einer traditionell männerdominierten Ausdrucksform – der Flamenco-Gitarre – Raum einnimmt.
Diese beiden Frauen zeigen auf der einen Seite die künstlerische Breite, die der weibliche Flamenco heute besitzt: kraftvoll, experimentell und selbstbewusst.
Die andere Seite wird verkörpert durch die Tradition und dafür steht Christina Hoyos, eine wahre Legende in der Flamencowelt. Außerhalb Spaniens ist sie vor allem durch den Regisseur Carlos Saura bekannt geworden, wo sie gemeinsam mit dem begnadeten Tänzer Antonio Gades in Sauras Filmtrilogie die Hauptrolle spielte.
Christina Hoyos gründete 2002 das Museo del Baile de Flamenco in Sevilla. Und das ist einzigartig in der Welt!
Dieser Blogbeitrag ist also auch eine Einladung, den Flamenco vielleicht genau dort in diesem „Flamencotanzmuseum“ nicht nur zu sehen, sondern zu spüren.


